Wann hast du aufgehört zu spielen?
Kreativität ist ein Spielplatz – frei, leicht, voller Überraschungen.
Weißt du noch, wie es sich anfühlt, einfach zu machen? Ohne Plan, ohne Ziel, ohne dieses kalte Gefühl dass es „gut" sein muss?
Ich schon. Oder besser gesagt: Ich erinnere mich daran. Ich saß zu Hause, es war Corona und die Welt stand still. Mir kam der Gedanke, dass ich immer schon einmal Keramik machen wollte, ohne eine Idee vom eigentlichen Tun zu haben. Ich wollte einen Töpferofen gebraucht kaufen, aber es war nichts verfügbar. Kurse fanden natürlich auch keine statt. Ich dachte mir allerdings irgendwie: 'now or never'. Und so kaufte ich ohne jede Kenntnis einen Keramikofen, ein Einsteigergerät. Er glänzte und strahlte mich an, als er geliefert wurde. Ich legte einfach los. Ich kaufte Ton in allen Farben und Glasuren für alle denkbaren Anwendungen, auch Stempel in reicher Zahl, und eine Einsteiger-Töpferscheibe und habe wild darauf losgelegt.
Der Keramikofen reist an.
Und es war herrlich.
Viele Objekte sind gescheitert, aber einiges ist auch sehr gelungen. Manchmal kam Matsch raus, manchmal kleine Wunder. Und weißt du was? Es war mir egal. Ich hatte keinen Anspruch. Ich wollte nichts erreichen. Ich war im Tun. In dieser Zeit sind mir Dinge gelungen, die ich nicht reproduzieren kann. Spontane, wilde, überraschende Ergebnisse. Formen, die irgendwie lebendig wirkten. Nicht perfekt, aber echt.
Und dann kam der Anspruch. Schleichend. Leise. Wie ein Gast, der sich uneingeladen an deinen Tisch setzt und bleibt.
Ich fing an, auf Instagram zu scrollen. Pinterest wurde mein zweites Zuhause. Überall sah ich diese großartigen Keramiken. Diese makellosen Oberflächen. Diese durchdachten Farbkombinationen. Und plötzlich war da diese Stimme in meinem Kopf: „Das solltest du auch können. Das sollte dein Ziel sein."
Der Anspruch wurde größer. Und meine Hände wurden stiller. Ich stand vor meinem Ton und wusste nicht mehr, wo ich anfangen sollte. Jede Idee wurde sofort bewertet, noch bevor sie Form annehmen konnte. „Ist das gut genug? Ist das originell genug? Bekomme ich dafür auf Instagram Applaus?"
Ich kam immer weniger ins Handeln. Der Spielplatz war zum Prüfungsraum geworden.
Erste Werke
Podcasts von Christian Kressmann
Bis ich auf die Podcasts von Christian Kressmann gestoßen bin. In seinen kurzen, klaren Episoden von „Beyond Creativity" stellt er Fragen, die mich wachgerüttelt haben. Fragen wie: „Was würdest du kreieren, wenn niemand dich jemals dafür beurteilen könnte?" Oder: „Wie viele deiner besten Ideen sind nie geboren worden – nicht, weil sie schlecht waren, sondern weil du sie vor lauter Angst vor Kritik nie rausgelassen hast?"
Diese Fragen haben mich bewegt. Und langsam, ganz langsam, finde ich zurück zu diesem Raum von 2021. Zu diesem Ort, an dem Kreativität ein Spielplatz war.
In diesem Artikel möchte ich mit dir teilen, was ich auf diesem Weg gelernt habe. Über den Anspruch, der uns lähmt. Über die Freiheit, die entsteht, wenn wir uns erlauben, wieder anzufangen – unperfekt, unfertig, aber lebendig.
Vielleicht erkennst du dich darin wieder. Vielleicht hast du auch einen Moment erlebt, in dem das Spielen zum Ernst wurde. Und vielleicht hilft dir das hier, einen Schritt zurück auf deinen eigenen kreativen Spielplatz zu finden. Lass uns gemeinsam hinschauen.